Am nächsten Morgen waren wir mal wieder früh dran, um wirklich früh dran zu sein für die Fähre von Berneray. Tatsächlich standen nur 3 oder 4 Autos und ein Wohnmobil vor uns an. Im Wartehäuschen kamen wir noch mit 2 Radtouristen und einer deutschen Campingurlauberin ins Gespräch, sehr interessant. Der Warteplatz am Hafen wurde richtig voll, natürlich würden alle, deren Verbindung an den Vortagen ausgefallen war, auf diese Fähre wollen und so waren wir sehr erleichtert, als wir endlich drauffahren durften. Diese Fähre war so groß, dass wir wieder aussteigen und uns in einen Fahrgastraum zurückziehen konnten. Einer der Angestellten erzählte uns dann, dass ein Ersatzteil fehlte, um den Motor zu reparieren. Dieses Ersatzteil hatte 6 Wochen Lieferzeit, man legte es sich aus Kostengründen trotzdem nicht vorsorglich aufs Lager, sehr unvernünftig. Und wir hatten tatsächlich noch mehr Glück: Nicht nur, dass mehrere Verbindungen an den Vortagen ausgefallen waren, die nächsten beiden Tage würde die Fähre auch nicht fahren! Es war also großes Glück, dass ausgerechnet die von uns gebuchte und geplante Fahrt tatsächlich stattfand.
Auf Harris - dem südlichen Teil der Doppelinsel Lewis and Harris - kam wir in Leverburgh an, dem südlichen Hafen. Dort schauten wir uns zuerst am südlichsten Zipfel die St. Clement's Church an, eine schöne alte und sehr gut erhaltenen Kirche, die Stammkirche der örtlichen Familie MacLeod.
Weiter ging es zurück nach Leverburgh, wo wir im örtlichen Coop einkauften, schließlich war der nächste Tag ein Sonntag und wir wussten nicht, wie es da mit Einkaufsmöglichkeiten aussah. Eine kluge Entscheidung, wie sich herausstellen sollte. Wieter ging es entlang der Hauptstraße A859, bis wir in Northton kurz abbogen, um uns dort umzusehen. Man hatte uns "The Temple" empfohlen mit einer 1-2-stündigen Wanderung, die wir uns aber nicht antun wollten. Es gab auch eine Straße dorthin, einspurig, die aber leider für die Durchfahrt gesperrt war. Also fiel das für uns aus. Dafür fanden wir noch den ersten der berühmten schönen Strände auf Harris, aber es war zum Baden usw. an diesem Morgen viel zu kalt und windig. Auf dem Rückweg zur Hauptstraße fanden wir dann noch die kleine Selbstbedienungsbäckerei Croft 36, wo wir noch 2 Scones mitnahmen. Weiter ging es nach Norden und stetig bergan. Wir hielten immer wieder an, um die Aussicht und die schönen Strände zu bewundern - leider waren die allermeisten zu weit weg oder durch Zäune von der Straße her unzugänglich. Auch eine große Anzahl von Lachsfarmen sahen wir in einer Bucht. Das Wetter war inzwischen sonnig und deutlich wärmer, wenn auch sehr windig, die Aussicht auf blaues Meer, Inseln und Strände wie den legendären Luskentyre Beach legendär. Danach führte die Route uns weg von der Küste durchs Gebirge, bis wir nach Tarbert kamen. Hier hängt der südliche Teil von Harris nur durch eine schmale Verbindung an dem größeren Nordteil der Insel. Tarbert ist ein kleines Städtchen mit nur wenigen Straßen und hauptsächlich wegen des Hafens und der Fähre bekannt. Hierher würden wir in vier Tagen zurückkehren, um unsere Reise nach Skye fortzusetzen. Das zweitwichtigste in Tarbert, direkt am Hafengelände, ist die berühmte Isle of Harris Distillery, die an diesem Tag einen Riesenandrang erfuhr, weil die neueste Charge des berühmten Whiskeys zum Verkauf freigegeben wurde, sichtbar an einer riesiegen Schlange an Leuten, die draußen warteten. Leider bogen wir beim ersten Mal falsch ab und fuhren auf der Straße nach Osten, bis wir unseren Irrtum erkannten und umdrehten, auf die A859, die weiter durch die Berge insgesamt nach Norden führte.
Kurz hinter Tarbert entschlossen wir uns, auf die kleine Küstenstraße B887 nach Westen abzubiegen, wie es uns empfohlen worden war. Diese Straße war extrem schmal und kurvig, trotzdem gab es recht viel Gegenverkehr, der uns immer wieder in die Passing Points und einige enge Situationen zwang. Wir kamen an mehreren Wasserfällen vorbei, Stellen mit grandioser Aussicht und auch einer kleinen Inselschule irgendwo im Nirgendwo, und fuhren weiter bis zum Amhuinssuidhe Castle, einer imposanten alten Burg inmitten eines Schlossgartens, welche als Hotel ausgewiesen war, aber nicht mehr danach aussah. Viel weiter und bis zum westlichsten Punkt fuhren wir nicht, denn wir mussten ja alles genauso wieder zurück. Auch die Rückfahrt dauerte wieder eine ganze Weile und wir waren froh, als wir auf der "normalen" Straße waren und richtig Gas geben konnten auf unserem Weg nach Norden.
Immer mal wieder hielten wir an oder genossen die grandiose Aussicht vom Auto aus auf Fjorde und unzählige Seen. Fast hätten wir das Land Raiders Memorial verpasst, ein kleiner, begehbarer Turm auf einem Hügel, der an die armen Bauern erinnert, die sich mit Landbesetzung gegen herzlose Großgrundbesitzer auflehnten. Auch von hier hatten wir eine tolle Aussicht auf die vielen kleinen Seen und einen der tiefen Fjorde von Lewis and Harris.
Nun war es nicht mehr weit bis nach Stornoway, wo wir unsere Unterkunft für die nächsten 4 Nächte hatten. Wir hielten noch kurz an einer Tankstelle, dann kamen wir in die Hauptstadt von Lewis und Harris und gleichzeitig größte Stadt der Äußeren Hebriden, mit etwa 8000 Einwohnern. Mit ein bisschen Sucherei fanden wir unser Häuschen, ein Anbau an eine Garage, zweistöckig mit Wintergarten in einem großen Hof mit Parkplätzen. Conny und ich bezogen das obere, offene Zimmer mit WC, unten gab es noch Karins Zimmer, ein großes Bad, eine große, offene Küche am Wohnzimmer und das Esszimmer im Wintergarten, alles schön eingerichtet und mit richtig viel Platz. Wir richteten uns häuslich ein, dann machten wir etwas Recherche zu einem Restaurant fürs Abendessen. Am Hafen fanden wir einen Parkplatz sowie etliche interessante Statuen, ein Mädchen mit Heringen, einen Seemann, einen Hirsch, Adler usw. Zum Abendessen gingen wir dann nach ein bisschen Umschauen ins HS-1, dem günstigeren Restaurant des Royal Hotel, wo wir zwar eine Weile warten mussten, aber dann einen Tisch bekamen und in angenehmer Atmosphäre richtig lecker aßen. Hier erfuhren wir aber von einer Bedienung auch, was uns am Sonntag erwarten würde. Wir hatten ja schon festgestellt, dass die Menschen auf den Äußeren Hebriden sehr starke religiöse Traditionen hatten - im Süden sehr katholisch, im Norden eher presbyterianisch. Nun, Tatsache ist und wir konnten es kaum glauben, dass sonntags auf Lewis alles geschlossen ist. Burgen, Museen, Cafés, Restaurant, einfach alles, außer ein paar wenige Hotel-Restaurants, diese ließen wir uns gleich aufzählen. Auch das HS-1 gehört dazu, darum wollten wir gleich für den nächsten Abend reservieren, aber das ging leider auch nicht. Auf die Frage, was wir denn am Sonntag unternehmen könnten, riet man uns tatsächlich ganz unironisch zu "Monopoly spielen". Hinzu kam, dass wir auch mit schlechtem Wetter rechnen mussten, sprich viel Regen und starkem Wind, also hätten wir am liebsten was "drinnen" unternommen, aber da gab es absolut nichts, also planten wir kurzentschlossen, am nächsten Tag die Punkte zu besuchen, die draußen lagen und verkehrsmäßig Sinn machten - zum Beispiel den Butt of Lewis, den nördlichsten Punkt der Insel.