Samstag, 15. September - Edinburgh, Highlander Fling in Glenrothes
Für den Samstag hatten wir uns
Edinburgh vorgenommen, hauptsächlich das Castle und die abwärts liegende Royal Mile. Zuallererst wollte ich in der Nähe der Hauptstraße ein Parkhaus finden und
danach dort zum Frühstücken, um morgens Zeit zu sparen. Die meisten der rausgesuchten Parkhäuser waren trotz Postcode und Google Maps einfach unauffindbar, auf der Royal Mile kann man auch nicht irgendwo am Straßenrand parken, außerdem standen überall
zusätzlich drohend diese Halteverbots-Hütchen. Schließlich fuhren wir nach den Schildern und fanden ein Parkhaus an der Blackfriars Street, zum Hotel Radisson
gehörend, welches sich oben an der Hauptstraße befindet.
Sabine kannte noch von einem vorherigen Besuch in Edinburgh eine gute Adresse zum Frühstücken und so
gingen wir zweieinhalb Blocks aufwärts zur Patisserie Valerie, gleich an der North Bridge, wo bereits die ansprechend zubereiteten und präsentierten Torten und süßen
Stückchen im Schaufenster Begierden weckten. Obwohl es gut besucht war, bekamen wir 5 Plätze an einem schmalen Tisch, jedoch teilte man uns mit, dass alles, was aus der Küche käme, also alles Warme
wie Eier, Toast, Bacon, Würstchen usw. eine Wartezeit von 40 Minuten hätte… So viel des kostbaren Tages wollten wir dann doch nicht mit Warten vertrödeln und bestellten Plunder, Kuchen, Eclair und
ähnliches, dazu Kaffee und Tee, alles nicht wirklich billig (City), aber sehr lecker und appetitlich angerichtet. Wer’s also etwas edler mag, dem kann man diese Adresse sehr
empfehlen.
Nach dem Frühstück haben wir uns wie besprochen getrennt, Sabine wollte im neuen Stadtzentrum an der Princes Street shoppen gehen, wir würden per Handy wieder zueinander finden. Ich war zwischendurch nochmal am Auto gewesen, weil ich meine aufwändig vorbereitete Liste und Stadtplan für den Tag dort vergessen hatte. Ich hätte wohl das Allermeiste dort auch so gefunden, aber sicher ist sicher. Wie das Schicksal so spielt, sollte sich das noch hilfreich erweisen. Wir anderen 4 gingen nun stadtaufwärts Richtung Burg, die bereits geöffnet hatte. Auf dem Weg fanden wir schon mal das Marktkreuz und die Kathedrale am West Parliament Square, weiter oben sahen wir von weitem das Lokal an der George IV Bridge, wo Joanne K. Rowling ihr erstes Harry Potter-Buch geschrieben hatte, kamen vorbei an der alten Kirche St. Mary, heutezutage „The Hub“ genannt, die als Veranstaltungszentrum fungiert und kamen schließlich vorbei am obersten Schloss-Giftshop in den unteren Burghof, wo immer noch die Abbauarbeiten der Tribüne des Tattoos in vollem Gange waren. Wir bestaunten die schiere Größe der Konstruktion, so hässlich wie sie ist, und dass sie jedes Jahr aufs Neue innerhalb von 2 Monaten auf- und danach in einem Monat wieder abgebaut wird. Mit unserem Explorer Pass bekam ich unsere Tickets in weniger als einer Minute.
Durch das schöne Gatehouse = Portal in den untersten inneren Burghof und das nächste Tor mit Fallgitter in den nächsten Bereich, wo wir unsere Headsets bekamen (endlich auch mal in Deutsch!), die nochmal extra kosteten, wenigstens größtenteils mit Rabatt (alle Anderen zählten schon als Seniorinnen!). Nun konnten wir den Blick schweifen lassen und uns den einzelnen Punkten der Ansage widmen. Wir beschritten die hohe Treppe und befanden uns bald auf der Aussichtsterrasse mit Panorama über die ganze nördliche Stadt, links bis Queensferry und zu den Brücken, auf den Firth of Forth mit Kreuzfahrtschiffen, direkt unter uns der Princes Street Garden in seiner ganzen Pracht, dazu herrlichster Sonnenschein und angenehm warm.
Hierbei ist es dann passiert, beim Fotografieren und durch einen Moment der Unachtsamkeit, dass unsere Karin gestolpert und böse hingefallen ist. Ich habe es auch erst gesehen, als ich mich nach einem Panoramafoto zu den Anderen umdrehte, da lag sie schon am Boden und war am Bluten, konnte sich auch kaum bewegen und gar nicht aufstehen. Ich rief in die Menge und bat um Hilfe, es hieß die war schon unterwegs. Gut. Kurz darauf waren auch schon 2 männliche Aufsichtspersonen da, die Verbandsmaterial besorgten, eine andere Besucherin hatte ein Halstuch gespendet für die Platzwunde an der Stirn, kurz danach kam auch noch eine Managerin, alle haben wirklich wunderbar geholfen und uns beruhigt. Da Karin nicht aufstehen konnte, half man ihr ganz langsam in eine sitzende Position, sie konnte den rechten Arm aber nicht bewegen, nur die Finger und es war bereits böse angeschwollen. Man besorgte eine warme Decke, die man ihr vorsichtig unterschob, der Plattenboden war unangenehm kalt, und eine weitere Decke zum Zudecken. Einer der Guards hat sich auch alle 5 Minuten pflichtgemäß nach ihrem körperlichen und geistigen Zustand erkundigt. Schließlich, nach fast 45 Minuten, hatten sich endlich die Sanitäter zu uns durchgekämpft und setzten die Erstversorgung fort, auch diese beiden sehr nett und kompetent. Wir 4 hatten uns inzwischen abgesprochen, dass ich mit Karin in die Klinik fahren würde, es machte aber keinen Sinn, dass Conny und Christina auch mitgingen und so gab ich ihnen den Autoschlüssel für den Fall und mein Material für den Tag, sie würden sich alleine die Royal Mile anschauen und wir würden per Handy in Verbindung bleiben. Die Managerin, Elizabeth, hatte mit einem schriftlichen Eintrag in unseren Explorerpass bestätigt, dass wir auf Wunsch am nächsten Tag nochmal kommen könnten, ohne erneut Eintritt bezahlen zu müssen.
Ich nahm Karins Sachen an mich und wir bestiegen den Krankenwagen, leider lag das Krankenhaus ziemlich weit außerhalb (wie ich später erfahren sollte, direkt neben Craigmillar Castle) und die rumpelige Fahrt dauerte eine ganze Weile. Der Sanitäter erledigte bereits die Formalitäten und versprach, dass ein Erstbesuch in einem britischen Krankenhaus immer kostenlos sei. Gut, wenigstens eine Sorge weniger. Wir mussten nicht lange warten, da kam Karin schon zum Röntgen, danach setze man sie nur mit dem Kittel und einer Decke notdürftig bedeckt wieder in den Wartebereich, wo wir fast zwei Stunden auf den Arzt warten mussten. Eine ältere Dame auf dem Stuhl neben mir bemühte sich redlich, uns abzulenken und mir etwas Gälisch beizubringen,
z.B. "La math a diugh", gesprochen "la ma a dew", was "good day today" bedeutet oder "Ciamar a tha thu", gesprochen "kaymar a ah ooh), "wie geht es dir" und empfahl mit learngaelic.net.
Ich möchte nun nicht mehr weiter ins Detail gehen, der Arm stellte sich als gebrochen heraus, man schloss
eine Luxation (Auskugelung) vorsichtig aus, sie wurde durch 3 Ärzte versorgt, bekam Daten auf CD und einen Arztbrief mit, wir fühlten uns freundlich und gut betreut. Der Arm wurde nur in eine
Schlinge gelegt und wir konnten das Krankenhaus wieder verlassen. Nun gab ich Entwarnung an Conny, Christina und Sabine, aber es war wie verhext, ich konnte einfach keine der drei erreichen, erst vom
Taxi aus, welches uns wieder in die Stadt brachte. Den ganzen Nachmittag über hatte ich gegrübelt, wie wir das wohl organisieren könnten, je nachdem, ob und wann wir das Krankenhaus verlassen
konnten, denn wir mussten alle 5 wieder zusammen finden, ins Apartment fahren und uns für den Fling am Abend herrichten, der schließlich der Höhepunkt der Reise war und für den wir alle gutes Geld
bezahlt hatten. Das Taxi brachte uns schließlich vor das Parkhaus, wo auch bald Sabine kam und danach endlich Christina und Conny, welche ja den Autoschlüssel hatte. Wir setzten Karin, die sich
wirklich tapfer hielt, vorsichtig auf den Beifahrersitz, damit ihr Arm nirgends anstieß und auf ging's durch den Berufsverkehr Richtung Apartment auf der anderen Flussseite.
Christina und Conny hatten sich am Nachmittag wenigstens gründlich auf der Royal Mile umgesehen, die prächtige Bücherei Signet's Library gegenüber der Kathedrale war bedauerlicherweise geschlossen gewesen, aber sonst hatten sie alles gefunden, sogar den wunderschönen Dunbar’s Close Garten ganz unten, kurz vor dem Schottischen Parlament und bis Holyrood Palace am unteren Ende der Royal Mile, für den die Zeit dann aber nicht mehr reichte. Auf der Heimfahrt waren wir bereits wieder lustig und voller Vorfreude, wir beschlossen auch, Karin lieber mitzunehmen, als sie im Apartment alleine liegen zu lassen. Unser Navi war auch bei jeder Überfahrt auf der neuen Queensferry Brücke davon überzeugt, dass dort eine Kreuzung war, an der wir links abbiegen sollten und ein Kreisverkehr, bei dem wir die dritte Ausfahrt nehmen sollten, was jedes Mal wieder für Heiterkeit sorgte. Wahrscheinlich war die gute Dame noch auf der alten Brücke unterwegs, wir werden es nie erfahren.
Nun hatten wir eine gute Stunde Zeit, um zu duschen und uns herzurichten, alle hatten was Schickes an, auch Christina, die sich an diesem Abend bereits gar nicht wohlfühlte und wohl teilweise nur uns zuliebe mitging, obwohl auch sie sich vorher sehr darauf gefreut hatte. Conny und ich hatten ein Outlander-Gewand dabei, meins war noch vom Vorjahr, Conny hatte sich extra was Aufwändiges und Schickes genäht, welches erst ein paar Tage vorher fertig geworden war.
Wir freuten uns auch auf die vielen Anderen, die wir sehen würden, z.B. hatten wir auf Twitter ein Bild von einem wahnsinnig schönen und aufwändig bestickten Kleid gesehen, welches wir im Original sehen wollten, und natürlich die Schauspieler und Komparsen, des Festmenü und vor allem das Tanzen und die Musik!
Wir kamen pünktlich um 19 Uhr in der Festhalle
in Glenrothes an, nachdem ich vorher noch in einem kleinen Umweg etwas für die Firma bei einem Kunden im gleichen Ort abgegeben hatte. Schon beim Aussteigen sahen wir viele
andere Gäste, alle festlich gekleidet, viele davon in Schottenkaro. Wir gingen rein und wurden gleich am Anfang von den Paca-Boys begrüßt (eine semiprofessionelle Gruppe von Highland-Kämpfern, die
für die Schlachtszenen und ähnliches engagiert worden waren. Sie erinnerten sich sogar noch an mich, waren wir doch letztes Jahr auf der Bustour zusammen gewesen und es gab die ersten Fotos. Nach
einiger Sucherei – der Saal war schon relativ voll – fanden wir noch 5 freie Plätze an einem Tisch am rechten Rand und es ging auch bald schon los. Es begann mit einer Pipeband und nacheinander 3
Tanzgruppe mit hübsch gekleideten Mädchen, die uns wirklich begeisterten, vor allem die große Gruppe mit dem Schwerttanz. Danach kam Scott Kyle, Schauspieler, Darsteller von Ross dem Schmied,
Organisator und Gastgeber des Abends, begrüßte uns freudig und verhieß einen unvergesslichen Abend. Es ging weiter mit Musik, einer Demonstation wie man einen traditionellen Kilt anlegt – 6 Yards
Stoff auf dem Boden in Falten auslegen und mit Gürtel drunter, es war ein Darsteller (ich glaube er hieß Andrew), Scott Kyles Mutter und Romann Berrux, der Darsteller des kleinen Fergus, der
inzwischen zu einem hübschen 17jährigen jungen Mann herangewachsen ist und sich sehr freute, als ich ihn auf Französisch ansprach. Die Paca Men haben eine tolle Schwertkampf-Streiterei inszeniert,
Scott hat ungefähr 20 Darsteller, Komparsen und andere Aktive vorgestellt, u.a. die Darstellerin des französischen Hausmädchens Suzette, die Murtagh so elegant bestiegen hatte… Das Buffet war,
lecker, aber mit nur einem halben Dutzend verschiedenen Gerichten, davon hatten wir uns definitiv mehr versprochen. Die Getränke waren eindeutig sehr günstig, 1,20 Pfund für ein Wasser oder Cola sind
doch sehr günstig. Dazwischen ein paar Mal Tanzeinlagen fürs Publikum, die Schritte wurden auch erklärt, ich habe mit Conny in jeweils einer Gruppe getanzt und wir hatten wahnsinnig viel Spaß dabei,
es ging auch nicht ums korrekte Tanzen, sondern um die Gaudi. Wir hatten auch Gesangseinlagen von Gillebride MacMillan, Àdhamh Ó Broin (dem gälischen Berater) und schließlich Stephen Walters, der uns
einige Songs zum Besten gab, z.B. Outlander Family, wo jeder einzelne der Schauspieler durch den Kakao gezogen wird und ein schlüpfriger Song über Sam Heughan, dessen Text
eindeutig nicht jugendfrei war (Sammy Heughan Handsome Bastard Blues). Alle, die den Text verstanden haben, haben Tränen gelacht. Kurzum, wir hatten sehr viel Spaß, haben andere
Outlanderfans getroffen aus aller Herren Länder und mal wieder festgestellt, welch familiäre Basis man sofort miteinander hat, haben mal wieder viel Background-Informationen bekommen, haben
Komplimente für unsere Kleider bekommen, etliche andere, teilweise spektakuläre gesehen, bevor der Abend kurz vor 12 zu Ende ging. Wer möchte, schaut sich gerne mal auf Scotts Highlander Fling-Seite um, da gibt es noch viel mehr Informationen und Fotos.
Leider erwies sich das tolle Kleid aus Twitter, handbestickt und selbst gefertigt in über 600 Arbeitsstunden, in echt nicht ganz so schön wie auf dem Foto und schien der Trägerin auch nicht so
richtig zu passen. Sie war den ganzen Abend eigentlich nur am Sitzen und musste später zu dritt seitlich in ein Großraumtaxi befördert werden, da mochte ich es doch lieber etwas praktischer und
tanztauglich. Eine halbe Stunde später fielen wir glücklich und todmüde in unsere Betten.